Devergie-Flechte (ICD-10: L44) ⚠️

Devergie-Lichen (Pityriasis rubra pilaris): Chronisch entzündliche Hauterkrankung

Übersicht

Devergie-Lichen, auch bekannt als Pityriasis rubra pilaris (PRP), ist eine seltene, chronisch entzündliche Hauterkrankung unbekannter Ursache. Sie ist gekennzeichnet durch diffuse Rötungen, Schuppenbildung und follikuläre Hyperkeratose (Verstopfung und Entzündung der Haarfollikel). Obwohl die genaue Ursache noch unklar ist, wird angenommen, dass die Erkrankung eine immunogenetische Komponente hat. PRP betrifft Menschen jeden Alters und beider Geschlechter gleichermaßen.

Trotz ihrer Seltenheit kann PRP aufgrund ihrer entstellenden Natur und des Potenzials für systemische Symptome erhebliche körperliche und emotionale Beschwerden verursachen. Die Erkrankung ist nicht infektiös und nicht zwischen Personen übertragbar, obwohl familiäre Fälle mit autosomal-dominanter Vererbung dokumentiert sind.

Klinische Klassifizierung

Es gibt sechs Haupttypen von Devergie-Lichen, die sich jeweils durch unterschiedliche epidemiologische und morphologische Merkmale auszeichnen:

  1. Typ I (klassischer Typ bei Erwachsenen): Die häufigste Variante, die die Mehrheit der Fälle ausmacht. Sie verschwindet in der Regel spontan innerhalb von 2–3 Jahren und hat die beste Prognose.
  2. Typ II (atypischer Typ bei Erwachsenen): Macht etwa 5 % der Fälle aus. Beginnt atypisch, oft ohne anfängliche Beteiligung der Kopfhaut, und verläuft tendenziell chronischer.
  3. Typ III (klassischer juveniler Typ): Macht etwa 10 % der Fälle aus. Ähnelt Typ I, tritt jedoch bei Kindern auf.
  4. Typ IV (umschriebener juveniler Typ): Macht etwa 25 % der Fälle aus. Er ist durch klar abgegrenzte, lokalisierte Läsionen gekennzeichnet, die bei Kindern vor allem an Ellenbogen und Knien auftreten.
  5. Typ V (atypischer juveniler Typ): Eine familiäre Variante mit autosomal-dominanter Vererbung, die sich früh im Leben mit gemischten Merkmalen der Typen I und II manifestiert.
  6. Typ VI (HIV-assoziierter Typ): Tritt bei immungeschwächten Personen auf, insbesondere bei HIV-Infizierten. Zeigt follikuläre Plaques und oft keine klassische Beteiligung der Handflächen und Fußsohlen.

Symptome und allgemeine Manifestationen

Das klinische Erscheinungsbild des Lichen Devergie variiert je nach Subtyp, umfasst jedoch in der Regel:

  • Follikuläre Papeln: Kleine, raue Papeln, die um die Haarfollikel herum angeordnet sind und meist in Gruppen auftreten;
  • Schuppung und Erythem: Diffuse rote oder orangefarbene Flecken mit trockener, schuppiger Haut;
  • Gut abgegrenzte Plaques: Können zusammenwachsen und sich auf große Bereiche ausbreiten;
  • „Sparsame Inseln“: Deutlich abgegrenzte Bereiche unbetroffener Haut, die von Entzündungen umgeben sind;
  • Palmoplantare Keratodermie: Verdickung und orange Verfärbung der Haut an den Handflächen und Fußsohlen;
  • Nagelbefall: Verdickte, verfärbte Nägel mit Längsrillen oder Dystrophie im fortgeschrittenen Stadium;
  • Befall der Kopfhaut: Schuppige, erythematöse Plaques, die an Psoriasis erinnern;
  • Juckreiz: In der Regel mild, kann sich jedoch im Verlauf der Erkrankung verschlimmern;
  • Müdigkeit und Fieber: Bei schweren oder generalisierten Formen können systemische Symptome auftreten.

Detaillierte klinische Subtypen der Devergie-Lichen

Typ I – Klassischer Typ bei Erwachsenen

Beginnt plötzlich, typischerweise an der Kopfhaut, und breitet sich dann auf den Rumpf und die Gliedmaßen aus. Die Läsionen sind trockene, schuppige, rot-orange Flecken mit follikulärer Hyperkeratose. Eine Verdickung der Handflächen und Fußsohlen sowie Nagelveränderungen können folgen. Dieser Typ kann in 80 % der Fälle innerhalb von 2–3 Jahren spontan abklingen.

Typ II – Atypischer Typ bei Erwachsenen

Macht etwa 5 % der Fälle aus. Das klassische Muster fehlt; zunächst kann es zu einer Hautverdickung an den Handflächen und Fußsohlen kommen, und Haarausfall kann ausgeprägt sein. Der Verlauf ist tendenziell chronisch und therapieresistent.

Typ III – Klassischer juveniler Typ

Macht etwa 10 % der Fälle aus. Ähnelt Typ I, tritt jedoch im Kindesalter auf. Kann follikuläre Papeln und rot-orange Plaques aufweisen, in der Regel ohne systemische Symptome.

Typ IV – Begrenzter juveniler Typ

Macht ~25 % der Fälle aus. Tritt typischerweise mit klar abgegrenzten lokalisierten Läsionen an Ellbogen, Knien und Handflächen/Fußsohlen auf. Tritt häufig bei ansonsten gesunden Kindern auf.

Typ V – Atypischer juveniler Typ (familiär)

Selten, mit autosomal-dominanter Vererbung. Tritt früh in der Kindheit mit gemischten Anzeichen der Typen I und II auf. Beginnt oft mit follikulären Verstopfungen und palmoplantarer Keratose, mit langsamem Fortschreiten.

Typ VI – HIV-assoziiert

Tritt bei immungeschwächten Personen auf. Umfasst follikuläre Hyperkeratose und rote schuppige Plaques, die die Handflächen und Fußsohlen betreffen können, aber nicht müssen. Häufig schwerer zu behandeln.

Diagnostik

Die Diagnose basiert in der Regel auf klinischen Merkmalen, aber in atypischen oder frühen Fällen können zusätzliche Untersuchungen erforderlich sein, um die Diagnose zu bestätigen.

  • Klinische Untersuchung: Identifiziert charakteristische follikuläre Papeln, Schuppung, schone Inseln und palmoplantare Beteiligung.
  • Hautbiopsie: Bestätigt die Diagnose. Die Histologie zeigt typischerweise eine abwechselnde Orthokeratose und Parakeratose in vertikaler und horizontaler Richtung (Schachbrettmuster), follikuläre Verstopfungen und perivaskuläre lymphozytäre Infiltrate.
  • KOH-Test und Kulturen: Werden durchgeführt, um Pilzinfektionen auszuschließen.
  • Differentialdiagnose: Psoriasis, Ichthyose, Ekzem, seborrhoische Dermatitis und Lymphom müssen ausgeschlossen werden.

Behandlung von Devergie-Lichen

Es gibt keine allgemein wirksame oder standardisierte Therapie für PRP. Die Behandlung hängt vom Schweregrad der Erkrankung und dem Ansprechen des Patienten ab. In der Regel wird eine Kombination aus topischen und systemischen Therapien angewendet.

Topische Therapie:

  • Topische Kortikosteroide: Reduzieren Entzündungen und Erytheme in lokalisierten Läsionen.
  • Emollientien und Feuchigkeitsspendende Mittel: Unverzichtbar zur Behandlung trockener Haut und zur Unterstützung der Barrierefunktion.
  • Keratolytika: Salicylsäure oder Harnstoffcremes können zur Verringerung der Schuppenbildung eingesetzt werden.

Systemische Therapie:

  • Retinoide (Acitretin, Isotretinoin): Am häufigsten verwendete systemische Wirkstoffe; reduzieren die Verhornung und Entzündung.
  • Methotrexat: Ein alternatives Immunsuppressivum, das bei ausgedehnten oder therapieresistenten Erkrankungen eingesetzt wird.
  • Systemische Kortikosteroide: Werden gelegentlich bei akuten Schüben verschrieben, sind jedoch aufgrund von Rückfällen nach Absetzen nicht für eine Langzeitbehandlung geeignet.
  • Biologische Therapien: In resistenten Fällen können Wirkstoffe wie Infliximab, Adalimumab, Ustekinumab oder Secukinumab zur gezielten Bekämpfung entzündlicher Zytokine in Betracht gezogen werden.

Begleittherapien:

  • Antihistaminika: Orale oder topische Wirkstoffe zur symptomatischen Linderung von Pruritus.
  • Phototherapie (PUVA oder Schmalband-UVB): Kann bei bestimmten Patienten wirksam sein, jedoch muss das Risiko-Nutzen-Verhältnis abgewogen werden.

Prognose

Die Prognose der Devergie-Lichen variiert je nach Subtyp. Typ I heilt oft innerhalb von 2–3 Jahren spontan aus, während die Typen II und VI eher chronisch und therapieresistent sind. Juvenile Formen können mit der Zeit abklingen, aber ein Rezidiv ist möglich. Die langfristige Behandlung der Erkrankung erfordert häufig eine kontinuierliche dermatologische Überwachung und unterstützende Pflege.

Fazit

Die Devergie-Lichen ist eine seltene, aber schwerwiegende chronische Hauterkrankung mit mehreren klinischen Varianten. Die Diagnose erfordert einen hohen Verdachtsindex, insbesondere in frühen Stadien oder bei atypischen Fällen. Eine definitive Heilung gibt es zwar nicht, aber durch eine Kombination aus topischen Wirkstoffen, systemischen Therapien und unterstützender Hautpflege lassen sich die Symptome bei den meisten Patienten wirksam kontrollieren. Eine schnelle Erkennung und frühzeitige Intervention können die Ergebnisse und die Lebensqualität der Patienten erheblich verbessern.