Rosazea (ICD-10: L71) ⚠️

Rosazea: Chronische entzündliche Erkrankung der Mikrogefäße der Gesichtshaut

Rosazea ist eine chronisch fortschreitende entzündliche Hauterkrankung, die vor allem die Gesichtsmitte betrifft. Sie geht einher mit einer Überreaktivität der Hautblutgefäße, einer Störung der Mikrozirkulation und einer sekundären Beteiligung der Talgdrüsen und Haarfollikel. Das klinische Bild der Rosazea ist je nach Stadium und Subtyp der Erkrankung sehr unterschiedlich, kann jedoch anhaltende Erytheme, Flush-Episoden, Teleangiektasien, Papeln, Pusteln, Rhinophym und sogar Augenbeteiligung umfassen.

Obwohl Rosazea aufgrund des Auftretens papulopustulöser Läsionen der Akne vulgaris ähneln kann, handelt es sich um eine unabhängige Erkrankung mit einer unterschiedlichen Ätiologie, Pathogenese und Therapieansatz. Der entscheidende Unterscheidungsfaktor ist ihr vaskulärer Ursprung und die charakteristische Beteiligung der Gesichtsmitte bei Erwachsenen mittleren Alters. Beide Erkrankungen können jedoch bei ein und demselben Patienten gleichzeitig auftreten, weshalb eine genaue Diagnose und eine maßgeschneiderte Behandlung von entscheidender Bedeutung sind.

Rosazea tritt typischerweise im Alter zwischen 30 und 50 Jahren auf, oft mit einer allmählichen Progression der Symptome. Sie tritt am häufigsten bei Personen mit heller Haut (Fitzpatrick-Hauttypen I–II) auf, insbesondere bei Personen nordeuropäischer Abstammung. Die weltweite Prävalenz wird auf etwa 10 % der erwachsenen Bevölkerung geschätzt, wobei viele Fälle insbesondere im Frühstadium nicht oder falsch diagnostiziert werden.

Die Pathogenese der Rosazea ist ein komplexes Zusammenspiel von neurovaskulären Dysregulationen, Immundysfunktionen und Veränderungen des Hautmikrobioms. Auslöser ist häufig eine abnormale Erweiterung der Gesichtskapillaren als Reaktion auf verschiedene Reize wie Hitze, Alkohol, scharfe Speisen oder Stress. Wiederholte Episoden der Gefäßerweiterung führen zu anhaltenden Hautrötungen und schließlich zu strukturellen Veränderungen der Gefäßwände, die an Elastizität verlieren und zu sichtbaren Teleangiektasien führen. Gleichzeitig fördert eine dysregulierte Immunantwort Entzündungen und die Vermehrung von Demodex folliculorum und anderen opportunistischen Mikroben auf der Haut.

Mit fortschreitender Erkrankung verschlechtert sich die Barrierefunktion der Haut, was zu erhöhtem transepidermalem Wasserverlust, Trockenheit und Überempfindlichkeit beiträgt. Im Laufe der Zeit führt diese Kaskade von vaskulären und entzündlichen Ereignissen zur Entwicklung von fixen Erythemen, entzündlichen Papeln und bei einigen Patienten zu phymatösen Veränderungen, die durch Weichteilhypertrophie und Fibrose gekennzeichnet sind.

Prädisponierende und auslösende Faktoren für Rosazea

Die genaue Ursache der Rosazea ist zwar noch unklar, es wurden jedoch mehrere Risikofaktoren und Auslöser identifiziert, die zum Ausbruch und zur Verschlimmerung der Erkrankung beitragen. Dazu gehören:

  • Genetische Veranlagung: Eine familiäre Vorbelastung mit Rosazea erhöht die Anfälligkeit, was auf eine vererbbare Komponente hinweist, die die Gefäß- und Immunregulation betrifft.
  • Gefäßhyperreaktivität: Das Hauptmerkmal der Rosazea ist eine erhöhte Empfindlichkeit und Funktionsstörung der oberflächlichen Hautkapillaren, die sich bereits bei minimalen Reizen erweitern.
  • Immunfunktionsstörung: Eine Überexpression von Cathelicidinen und eine abnormale Toll-like-Rezeptoraktivität tragen zu einer erhöhten Entzündungsneigung und Hautüberempfindlichkeit bei.
  • Mikrobielles Ungleichgewicht: Eine Überpopulation von Demodex-Milben und damit assoziierten Bakterienarten kann Entzündungen auslösen oder verschlimmern.
  • Ultraviolette Strahlung: Chronische Sonneneinstrahlung führt zu Gefäßschäden und der Freisetzung entzündlicher Zytokine, wodurch das Fortschreiten der Rosazea beschleunigt wird.
  • Hormonelle und metabolische Ungleichgewichte: Zustände wie die Menopause, Schilddrüsenerkrankungen oder Insulinresistenz können den Gefäßtonus und die Hautreaktivität beeinflussen.
  • Ernährungs- und Lebensstilfaktoren: Alkohol, Koffein, scharfe Speisen und plötzliche Temperaturwechsel sind häufige Auslöser für Gesichtsrötungen und Erytheme.
  • Ungeeignete Hautpflege oder Traumata: Die Verwendung reizender Kosmetika, übermäßiges Peeling oder aggressive Reinigungsroutinen können die Hautbarriere schädigen und die Rosazea-Symptome verschlimmern.

Das Verständnis und die Berücksichtigung dieser Faktoren sind sowohl für die Prävention als auch für die Behandlung von entscheidender Bedeutung. Zwar lassen sich nicht alle Auslöser vermeiden, doch durch die Minimierung der Exposition und die Stärkung der Gefäß- und Barrierefunktionen der Haut können die Krankheitsaktivität verringert und die Lebensqualität verbessert werden.

Diagnostik: Wie Rosazea diagnostiziert wird

Die Diagnose von Rosazea ist klinisch und basiert auf einer Kombination aus Anamnese, Symptomchronologie und einer detaillierten dermatologischen Untersuchung. Es ist wichtig, Rosazea von anderen Hauterkrankungen zu unterscheiden, die mit Gesichtsrötungen oder pustulösen Läsionen einhergehen können, insbesondere in frühen oder atypischen Fällen. Eine gut durchgeführte Anamnese sollte die Identifizierung von Auslösern, das Muster des Krankheitsbeginns, Flush-Episoden, Lichtempfindlichkeit und frühere Hautbehandlungen oder Begleiterkrankungen umfassen.

Zu den diagnostischen Hilfsmitteln und Verfahren können gehören:

  • Dermatoskopie: Nützlich zur Beurteilung von Gefäßveränderungen wie Teleangiektasien oder zum Ausschluss anderer Gefäßfehlbildungen und pigmentierter Läsionen.
  • Fotografische Dokumentation: Hochauflösende Fotos können bei der Überwachung des Krankheitsverlaufs und des Ansprechens auf die Behandlung hilfreich sein.
  • Augenärztliche Konsultation: Indiziert bei Symptomen einer okulären Rosazea, wie Bindehautrötung, Brennen oder Augenlidentzündung.
  • Biopsie (selten): Nur erforderlich bei Verdacht auf Malignität, Lupus oder granulomatösen Erkrankungen; die Histologie zeigt perifollikuläre und perivaskuläre Infiltrate, vaskuläre Ektasien und Sebaceous-Gland-Hyperplasie.

Symptome: Klinische Manifestationen der Rosazea nach Subtyp

Rosazea tritt in einer Reihe von klinischen Subtypen auf, die unabhängig voneinander oder bei ein und demselben Patienten gleichzeitig auftreten können. Das Verständnis der klinischen Erscheinungsformen ist für die Subtyp-Klassifizierung und die Behandlungsplanung von entscheidender Bedeutung.

Erythematös-telangiectatische Rosazea

Diese frühe Form der Rosazea ist durch episodisches oder anhaltendes Erröten im Gesicht (auch als „Blasenbildung“ bekannt) gekennzeichnet, das mit der Zeit häufiger auftritt und länger anhält. Anfangs verschwindet das Erröten vollständig, führt aber schließlich zu einem anhaltenden Erythem und dem Auftreten feiner, erweiterter Blutgefäße – Teleangiektasien.
Die Haut kann sich warm und empfindlich anfühlen oder leicht brennen oder jucken. Mit der Zeit kann sich die Erythemfarbe vertiefen und größere Bereiche der Wangen, der Nase, des Kinns und der Stirn erfassen.

Papulopustulöse Rosazea

Dieses Stadium entwickelt sich vor dem Hintergrund einer Erythem und ist durch das Vorhandensein von Papeln (entzündete rote Beulen) und Pusteln (mit Eiter gefüllte Läsionen) gekennzeichnet, die häufig symmetrisch im mittleren Gesichtsbereich auftreten. Im Gegensatz zu Akne gehen diese Läsionen nicht mit Komedonen einher. Die Haut erscheint entzündet, und der Patient kann unter erhöhter Hautempfindlichkeit, Trockenheit und sichtbaren Entzündungen leiden.
In schwereren Fällen können die Pusteln zahlreich und zusammenfließend sein.

Phymatöse Rosazea (Rhinophyma)

Dieser Subtyp geht mit einer chronischen Entzündung und Fibrose einher, die zu einer Hypertrophie des Weichgewebes, insbesondere der Nase, führt, was zu einer knolligen, gelappten Kontur und einer violett-cyanotischen Färbung führt.
Phymatöse Veränderungen können auch das Kinn, die Stirn und die Wangen betreffen. Die Haut erscheint verdickt, fettig, mit vergrößerten Poren und kann sichtbare Knötchen aufweisen. Rhinophyma tritt häufiger bei Männern auf und muss möglicherweise chirurgisch korrigiert werden.

Okuläre Rosazea

Eine Augenbeteiligung tritt bei bis zu 50 % der Patienten auf und kann den Hautsymptomen vorausgehen. Zu den Symptomen gehören Brennen, Fremdkörpergefühl, Trockenheit, Entzündung des Lidrandes (Blepharitis) und Bindehautrötung. Unbehandelt kann die okuläre Rosazea zu einer Hornhautbeteiligung und Sehstörungen führen. In solchen Fällen ist eine umgehende Überweisung an einen Augenarzt unerlässlich.

Differentialdiagnose: Erkrankungen, die Rosazea ähneln

Rosazea muss von anderen Erkrankungen mit überlappenden Symptomen unterschieden werden:

  • Akne vulgaris: Unterscheidet sich durch das Vorhandensein von Komedonen (Mitessern und Whiteheads) und ein breiteres Altersspektrum bei Ausbruch.
  • Seborrhoische Dermatitis: Teilt Erytheme und Schuppenbildung im Gesichtsbereich, betrifft jedoch eher die Nasolabialfalten, die Kopfhaut und die Ohren.
  • Periorale Dermatitis: Papulöser Ausschlag um Mund und Kinn, häufig steroidinduziert.
  • Lupus erythematodes: Charakteristischer schmetterlingsförmiger Hautausschlag mit Lichtempfindlichkeit, systemischer Beteiligung und positiven ANA-Antikörpern.
  • Aktinische Keratose oder Photodermatosen: Kann sich durch anhaltende Rötungen oder raue Flecken auf sonnenexponierter Haut äußern.
  • Basalzellkarzinom und amelanotisches Melanom: Zu berücksichtigen bei anhaltenden oder knotigen rosazeaähnlichen Läsionen, insbesondere mit Pigmentierung oder Ulzeration.

Risiken: Warum Rosazea nicht ignoriert werden sollte

Obwohl Rosazea nicht lebensbedrohlich ist, können ihre chronische, rezidivierende Natur und die fortschreitenden Gefäßschäden zu erheblichen Entstellungen und psychosozialen Belastungen führen, wenn sie unbehandelt bleibt. Patienten berichten häufig über Schamgefühle, vermindertes Selbstwertgefühl, soziale Ängste und sogar Depressionen aufgrund der sichtbaren Symptome.

Darüber hinaus kann Rosazea ein Hautmarker für zugrunde liegende systemische Ungleichgewichte wie gastrointestinale Dysbiose, hormonelle Störungen oder chronische Entzündungen sein. Eine Beteiligung der Augen stellt ein Risiko für das Sehvermögen dar, insbesondere wenn Hornhautgeschwüre oder Blepharitis unzureichend behandelt werden.

Zu den Komplikationen einer unbehandelten Rosazea gehören:

  • Anhaltende Rötungen und Gefäßschäden
  • Sekundäre Hautinfektionen oder falsch diagnostizierte Neoplasien
  • Weichteilhypertrophie und phymatöse Veränderungen
  • Augenkomplikationen, die das Sehvermögen beeinträchtigen

Vorgehensweise: Wann und wie sollte Hilfe in Anspruch genommen werden?

Patienten sollten einen Dermatologen konsultieren, sobald Anzeichen einer chronischen Gesichtsrötung, Hautrötungen oder papulopustuläre Läsionen auftreten. Eine frühzeitige Intervention kann das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen, Komplikationen reduzieren und die langfristigen Ergebnisse verbessern.

Die klinische Behandlung sollte Folgendes umfassen:

  • Identifizierung und Vermeidung von Auslösern wie Alkohol, Hitze, UV-Licht, scharfe Speisen und emotionaler Stress.
  • Verwendung von hautbarriere-reparierenden Hautpflegeprodukten (nicht reizende, parfümfreie Formulierungen).
  • Maßgeschneiderte medizinische Therapie basierend auf Subtyp und Schweregrad (siehe unten).
  • Augenärztliche Untersuchung bei Vorliegen von Augensymptomen.

Behandlung: Individuelle, multimodale Therapie bei Rosazea

Eine wirksame Behandlung von Rosazea erfordert einen schrittweisen, personalisierten Ansatz, der verschreibungspflichtige Medikamente, verfahrenstechnische Therapien und Anpassungen der Lebensweise kombiniert. Zu den wichtigsten Komponenten gehören:

  • Topische Therapien: Metronidazol, Azelainsäure, Ivermectin, Brimonidingel (zur Erythemminderung) oder Oxymetazolin. Diese Wirkstoffe wirken gegen Entzündungen, Demodex-Milben und den Gefäßtonus.
  • Systemische Behandlungen: Orale Antibiotika (z. B. Doxycyclin, Tetracyclin) bei mittelschwerer bis schwerer papulopustulöser oder phymatöser Rosazea. In schweren, therapieresistenten Fällen kann Isotretinoin in Betracht gezogen werden.
  • Laser- und Lichttherapien: Intensives gepulstes Licht (IPL), gepulster Farbstofflaser (PDL) und Nd:YAG-Laser werden zur Reduzierung von Teleangiektasien, Rötungen und Hautverdickungen eingesetzt.
  • Chirurgische Optionen: Bei fortgeschrittenem Rhinophyma können eine chirurgische Entfernung, Laserablation oder Elektrochirurgie erforderlich sein.
  • Behandlung der Augen: Dazu gehören Augenlidhygiene, künstliche Tränen und systemische Antibiotika unter augenärztlicher Anleitung.

Die konsequente Einhaltung der Behandlung ist von entscheidender Bedeutung. Die Patienten sollten über den chronischen Verlauf der Rosazea und die Bedeutung einer Erhaltungstherapie auch während der Remissionsphasen aufgeklärt werden.

Prävention: Minimierung von Schüben und langfristigem Fortschreiten

Die Prävention von Rosazea umfasst nicht nur die Hautpflege, sondern auch die systemische Gesundheit und die Lebensweise. Zu den wichtigsten Präventionsstrategien gehören:

  • Vermeidung bekannter Auslöser: Dazu gehören heiße Getränke, Alkohol, Saunagänge, emotionaler Stress und Sonneneinstrahlung.
  • Tägliche Verwendung von Sonnenschutzmitteln: Ein Breitband-Sonnenschutzmittel mit Lichtschutzfaktor 30+ ist unerlässlich, vorzugsweise auf mineralischer Basis (Zinkoxid, Titandioxid).
  • Eine sanfte Hautpflege: Nicht komedogene, hypoallergene Reinigungs- und Feuchtigkeitsprodukte.
  • Ernährung: Führen Sie ein Ernährungstagebuch, um Schübe zu verfolgen und bei Bedarf häufige Auslöser zu eliminieren.
  • Jährliche Besuche beim Hautarzt: Zur Neubewertung des Hautzustands, zur Überwachung der Fortschritte und zur Anpassung der Behandlung, falls erforderlich.

Mit einem proaktiven und informierten Ansatz – unterstützt durch qualifizierte medizinische Versorgung – können die meisten Menschen mit Rosazea eine stabile Remission erreichen, Schübe minimieren und sowohl die Gesundheit ihrer Haut als auch ihr Selbstvertrauen bewahren.